Für Roland Karnatz steht fest: Die Zertifizierung von Schülerpraktika hat sich für die Dresdner Schornstein- und Feuerfestbau GmbH gelohnt. Er nahm am 26. Januar beim 14. Unternehmerfrühstück im Rahmen der Gründer- und Bildungsmesse KarriereStart die Urkunde und den Pokal für die erfolgreiche Zertifizierung entgegen.
Sein 1958 gegründetes Unternehmen suchte sich nach 1990 neue Partner und verzichtete anfangs völlig auf die Lehrlingsausbildung. „Doch ab 2002 war der Markt leergefegt“, berichtete Karnatz. Seine Mitarbeiter gehen seither auf Messen, um für den Spezialberuf zu werben. Die Arbeit in großer Höhe, oft gepaart mit Hitze und Dunkelheit, ist eine besondere Herausforderung. Die Berufsschule befindet sich in Nordrhein-Westfalen, da es bundesweit nur eine Klasse gibt. Die Montage beispielsweise an Mobilfunkmasten erfordert eine rege Reisetätigkeit. All das mache es nicht einfach, Leute für den Beruf zu begeistern. Da sei es gut, schon zeitig zu beginnen. „Die Zertifizierung war interessant, sie hat uns bestätigt, aber auch gezeigt, was wir verbessern können und wie wir zu rechtskräftigen Praktika-Verträgen gelangen“, erläuterte Roland Karnatz beim Unternehmerfrühstück.
Für den proDresden e.V. hat Vorstandsmitglied Helmut Lutzmann in Kooperation mit dem LSJ Sachsen und dem Arbeitskreis SchuleWirtschaftDresden maßgeblich die Zertifizierung entwickelt. Sie wird unter dem Namen Praktiquest angeboten. „Wir wollen mit unserer Handreichung helfen, dass Schülerpraktika zum Erfolg werden und so auch verhindern, dass Jugendliche eine falsche Ausbildung beginnen und es zu Abbrüchen kommt“, erläuterte Lutzmann. Mit der Zertifizierung können Schüler und Eltern davon ausgehen, dass das Unternehmen ein gutes Praktikum anbietet. Das wiederum hilft dem Unternehmen, Lehrlinge zu gewinnen. ProDresden bietet ausführliches Informationsmaterial zur Zertifizierung an. Für Mitglieder des Vereins ist das Verfahren kostenfrei. „Wir können Sie nur auffordern, die Möglichkeiten zu nutzen. Schließlich ist Bildung der wohl wichtigste Rohstoff“, forderte proDresden-Vorstand Gunther Seifert die Unternehmer auf. Neben dem Dresdner Schornsteinbau zeichnete proDresden auch die Unternehmen XENON und RINK aus.
Zuvor begrüßte Seifert Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert. Das Stadtoberhaupt hatte seinen Vortrag unter das Thema „Fachkräftebedarf am Standort Dresden sichern“ gestellt. Seit Jahren kann sich die Landeshauptstadt über die Zunahme sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze freuen. Weil es aber deutschlandweit einen hohen Bedarf an Arbeitskräften gebe, unternehme die Stadt eine Reihe von Anstrengungen, um bereits Schüler insbesondere für technische und naturwissenschaftliche Berufe zu interessieren. Der Oberbürgermeister nannte als Beispiele den Juniordoktor, Erlebniswelten in den Technischen Sammlungen sowie Schülerlabore. „Keine Stadt deutschlandweit hat so viele Schülerlabore wie wir“, sagte Hilbert und dankte der Forschung und Wirtschaft für die Unterstützung dafür. Wichtige Impulse gingen auch von den Tagen der Industrie und der Woche der offenen Unternehmen aus.
„Wir können es uns nicht leisten, dass junge Leute in die Sozialsysteme hineinwachsen“, erklärte der Oberbürgermeister. Die Bildungsstrategie der Stadt beginne deshalb bereits in den Kitas. „Wir müssen uns viel intensiver um Kinder kümmern, weil Eltern versagen.“ Dresden nehme dafür viele Millionen Euro in die Hand und hätte sich gewünscht, dass auch der Freistaat beispielsweise den Betreuungsschlüssel an Schulen erhöht. Stadt und Land seien diesbezüglich im Gespräch.
Mit dem Dresden Excellence Award werden jährlich hervorragende wissenschaftliche Arbeiten aus Dresden ausgezeichnet. Ziel sei es, Absolventen in der Stadt zu halten. Doch auch wenn sich Dresden über ein Bevölkerungswachstum freuen kann, werde das Gewinnen von Fachkräften zu einer großen Herausforderung für die Zukunft. „Ohne Zuzug und internationale Zuwanderung wird es nicht gehen. Und da haben wir Probleme, wenn wir uns weiterhin so vorstellen wie in der Vergangenheit“, warnte der Oberbürgermeister. Er forderte die Dresdner zu Zivilcourage auf, um Alltagsrassismus aus der Stadt zu beseitigen.
Seit zwei Jahren geht der Oberbürgermeister zu ausländischen Gruppen. Um Ansprechpartner zu haben, motiviere er diese sich zusammenzuschließen. Unter ihnen gebe es viele Lehrer, Ingenieure, Mediziner, die sehr schnell einen Sprachabschluss erzielt haben. Aber es sei oft nicht gelungen, sie in den Arbeitsmarkt zu integrieren, Berufsabschlüsse anzuerkennen oder berufsbegleitend zu schulen. Auch hier appellierte er an die Unternehmer, Ausländer assistierend zu begleiten. „Dresden ist eine Stadt mit hoher Lebensqualität. Wenn wir den Alltagsrassismus noch rausbekommen, ist mir nicht bange, dass wir uns gut weiterentwickeln“, sagte Dirk Hilbert.